Fehlendes „A“ auf dem BtM-Rezept
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Retaxationen von Formfehlern sind ärgerlich für Apotheken, vor allem wenn der Fehler, wie z. B. ein fehlendes „A“ auf dem BtM-Rezept, nicht auf den ersten Blick erkennbar ist. Das fehlende „A“ sehen viele Krankenkassen zudem nicht als unbedeutenden Formfehler, sondern als einen Fehler, der die gesamte Verordnung ungültig macht – und damit eine Nullretaxation rechtfertigt. Das Sozialgericht Nordhausen bestätigte dies kürzlich mit einem Urteil. Die klagende Apothekerin hatte aber zumindest mit einem Hilfsantrag Erfolg: Sie hat Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Einzelfallentscheidung der Kasse, wenn sie sich auf § 6 Abs. 1c) Rahmenvertrag beruft.
So heißt es in § 6 Abs. 1c) Rahmenvertrag, dass der Vergütungsanspruch des Apothekers trotz nicht ordnungsgemäßer vertragsärztlicher Verordnung oder Belieferung auch dann entsteht, wenn „die Krankenkasse im Einzelfall entscheidet, die Apotheke trotz eines derartigen Verstoßes ganz oder teilweise zu vergüten“.
Auf diesen Passus hatte sich die betroffene Apothekerin in einem Hilfsantrag bezogen und forderte eine ermessenfehlerfreie Entscheidung der Kasse. Dem stimmte das Gericht zu und entschied, dass die Kasse den Kulanzantrag noch einmal neu beurteilen müsse. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Patientin das Betäubungsmittel bereits seit Jahren unter BtM-Höchstmengenüberschreitung erhalten habe und der Kasse kein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Die Behandlung erfolgte zudem ordnungsgemäß, auch wenn die Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Kennzeichnung des BtM-Rezepts vernachlässigt wurde. Die Arzneimittelsicherheit war somit ebenfalls nicht in Gefahr.
Wie rechtfertigte das Gericht die Nullretaxation?
Das fehlende „A“ auf dem BtM-Rezept und damit die fehlende Kennzeichnung der Höchstmengenüberschreitung sah das Gericht als eindeutigen Verstoß gegen die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV). Dort sind in § 2 die BtM-Höchstmengen sowie das Vorgehen bei ihrer Überschreitung festgelegt.
2 Abs. 2 BtMVV
„In begründeten Einzelfällen und unter Wahrung der erforderlichen Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs darf der Arzt für einen Patienten, der in seiner Dauerbehandlung steht, von den Vorschriften des Absatzes 1 hinsichtlich
- der Zahl der verschriebenen Betäubungsmittel und
- der festgesetzten Höchstmengen
abweichen. Eine solche Verschreibung ist mit dem Buchstaben ‚A‘ zu kennzeichnen.“
Die Apothekerin ließ zudem die Möglichkeit, den Fehler in Rücksprache mit der Ärztin zu korrigieren, ungenutzt. Ein fehlendes „A“ gehört gemäß § 6 Rahmenvertrag zu den Angaben, die die Apotheke in Rücksprache mit dem Arzt ergänzen oder korrigieren darf.
Fazit für die Praxis
Um Retaxationen zu vermeiden, sind bei der Kontrolle von BtM-Rezepten die BtM-rechtlichen Besonderheiten zu beachten. Dazu gehören beispielsweise die Buchstabenkennzeichnungen (z. B. „A“ oder „ST“), die Rezeptgültigkeit von sieben Tagen nach der Ausstellung und die Angabe einer Gebrauchsanweisung mit Einzel- und Tagesgabe bzw. eines Hinweises auf eine dem Patienten vorliegende Anweisung.
Tipps zu BtM-Höchstmengen
Bezüglich BtM-Höchstmengen ist besonders bei hochdosierten Betäubungsmitteln (z. B. Palexia 250 mg) daran zu denken, dass schon mit der Verordnung einer einzigen Packung die Höchstmenge überschritten werden kann. Bei Patienten, die eine Dauerverordnung erhalten, ist bei der Dokumentation ebenfalls auf die Höchstmengen innerhalb von 30 Tagen zu achten. Auch die Anzahl der verordneten Betäubungsmittel ist relevant: „Für einen Patienten darf der Arzt innerhalb von 30 Tagen […] bis zu zwei der folgenden Betäubungsmittel unter Einhaltung der nachstehend festgesetzten Höchstmengen“ verschreiben (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BtMVV). Bei der Anzahl der BtM ist der Wirkstoff selbst gemeint (z. B. Tapentadol, Buprenorphin), nicht z. B. unterschiedliche Wirkstärken oder mehrere Packungen einer Substanz. Nicht zuletzt ist bei BtM-Verordnungen, die ein Zahnarzt ausgestellt hat, auf die für Zahnärzte abweichenden BtM-Höchstmengen zu achten (vgl. § 3 BtMVV).
- DAP Arbeitshilfe „BtM-Höchstmengen“
Quelle: Sozialgericht Nordhausen, Urteil vom 25.02.2020, Az. S 6 KR 251/18