Urteil bringt Original-Import-Austausch bei gesetztem Aut-idem-Kreuz ins Wanken

Ein Urteil des Sozialgerichts (SG) Koblenz vom 16. Mai 2019 bringt den Austausch von Original und Importarzneimitteln bei gesetztem Aut-idem-Kreuz ins Wanken. Das Gericht entschied zugunsten einer Apotheke, die einen mit Aut-idem-Kreuz verordneten Import abgab und dabei einen Rabattvertrag zu einem anderen Original-/Importarzneimittel missachtete. Die betroffene Ersatzkasse hat Berufung eingelegt.

In dem für Ersatzkassen gültigen Arzneiversorgungsvertrag (vdek-AVV) ist in § 4 Abs. 12 folgende Regelung zu finden:

4 Abs. 12 vdek-AVV

Hat der Vertragsarzt ein Fertigarzneimittel unter seinem Produktnamen und/oder seiner Pharmazentralnummer unter Verwendung des Aut-idem-Kreuzes verordnet, ist dies im Verhältnis von importiertem und Bezugsarzneimittel mangels arzneimittelrechtlicher Substitution unbeachtlich. Dies gilt nicht, wenn der Arzt vermerkt hat, dass aus medizinisch-therapeutischen Gründen kein Austausch erfolgen darf.

Damit ist der Austausch von Original- und Importarzneimitteln trotz Aut-idem-Ausschluss erlaubt – und sogar verpflichtend, wenn ein Rabattvertrag zu einem Original oder Importarzneimittel existiert.

Die Klarstellung im vdek-AVV erfolgte zum 1. Januar 2015 aufgrund vorausgegangener Gerichtsurteile. Schon im Jahr 2014 entschied das SG Koblenz, dass die Apotheke ein mit Aut-idem-Kreuz verordnetes Importarzneimittel nicht durch ein anderes rabattiertes Original- oder Importarzneimittel austauschen muss. Dem steht laut SG Koblenz die Therapiehoheit des Arztes entgegen.

Regelung im vdek-Vertrag nicht wirksam?

Der gleichen Argumentation folgt das SG Koblenz nun erneut und erklärt die oben genannte Regelung aus dem vdek-AVV für unwirksam. Als Begründung gibt das Gericht an, dass weder der verordnende Arzt noch seine berufsständischen Vertreter an der Vereinbarung beteiligt waren. Da sie jedoch die Therapiehoheit des Arztes berühre, hätten die Ersatzkassen auch die Ärzte an den Verhandlungstisch bitten müssen, um das Austauschverbot zu umgehen, so das SG.

Wichtig:

Die betroffene Ersatzkasse hat Berufung eingelegt, der Fall geht damit an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Bis zu einer endgültigen Entscheidung sollten die aktuellen Regelungen der Arzneilieferverträge eingehalten werden.

Quelle: Aut-idem-Kreuz schlägt Rabattvertrag ‒ nun doch! von RA Christian Fiedler, Dr. Schmidt und Partner, Koblenz/Dresden/Oberhausen/München, AH Apotheke heute, zuletzt aufgerufen am 13.01.2020

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