Unterschätzt: Lachgaskonsum hat zum Teil schwere Folgen

Distick­stoff­monoxid (Lachgas) avanciert seit längerem auch in Deutsch­land zu einer Mode­droge, die vor allem bei Jugend­lichen beliebt ist. Die meisten wissen aller­dings nicht, dass der Konsum schwere und zum Teil irre­ver­sible Schädigungen des Nerven­systems mit sich bringen kann. Die Deutsche Gesell­schaft für Neuro­logie (DGN) und die Deutsche Hirn­stiftung fordern groß ange­legte Informations­kampagnen und eine Regelung zur Abgabe.

Lachgas gewann schon im späten 18. Jahr­hundert als Anästhetikum an Auf­merksam­keit und wurde seitdem vor allem für operative und zahn­ärztliche Ein­griffe ver­wendet. Bessere Alter­nativen haben die Lach­gas­anästhesie aus den Operations­sälen weitest­gehend ver­drängt, in der Zahn­heil­kunde wird es auf­grund seiner analgetischen und schwach anästhetischen Wirkung weiter­hin häufig verwendet. In hohen Dosen kommt es zu Euphorie und Hallu­zinationen, wodurch das Gas seit längerem miss­bräuchlich in der Drogenszene Ver­wendung findet. Dabei wird es aus Gas­kartuschen meist in einen Ballon über­führt und daraufhin inhaliert. Diese Art der Anwendung ver­hindert, dass das kalte Gas aus der Kartusche (bis zu -55°C) dem Anwendenden Kälte­ver­brennungen zufügt.

Eine Lachgas­anästhesie birgt bei kurzer und sach­ge­rechter Anwendung kaum Risiken und die Wirkung ist nach etwa 15 Minuten voll­ständig verflogen. Allerdings können lange und regel­mäßige Expositionen schwere Neben­wirkungen mit sich bringen. Neben Anämie, Leuko­zytopenie und Thombo­zytopenie sind es vor allem neuro­logische Störungen, die Expertinnen und Experten Sorge bereiten. Ursache dafür ist eine Störung des Vitamin B12 – Stoff­wechsels. Lachgas oxidiert das Zentralatom Cobalt im B-Vitamin, wodurch dieses funktionell in­aktiviert wird. In der Folge steht es nicht mehr als Coenzym der Methionin-Synthase zur Verfügung - Methionin kann nicht mehr aus Homo­cystein re­generiert werden und es kommt zur Demyelini­sierung der Nerven­scheiden. Klinisch mani­festieren sich die Symptome, ähnlich dem Guillain-Barré-Syndrom, in zu­nehmenden Lähmungs­er­scheinungen und Poly­neuro­pathien. Die Schädigungen sind im MRT deutlich zu erkennen. Behandelt wird mit hoch­dosiertem Vitamin B12, im schlimmsten Fall sind die Schädigungen aller­dings irre­versibel.

Nur wenigen Konsumentinnen und Konsumenten sind die Risiken bekannt. Der Lach­gas­konsum hat stark zuge­nommen - so hat sich allein in NRW die Zahl der Miss­brauchs­fälle nach An­gaben des Landes­kriminal­amtes von 2022 bis 2023 ver­drei­facht. Nach Angaben des nieder­ländischen Gesund­heits­ministeriums war Lach­gas 2023 die am meisten konsumierte Droge bei Schülerinnen und Schülern. Als Konsequenz wurde der Stoff am 01. Januar 2023 der Liste verbotener Rausch­mittel zuge­fügt.1 In Deutschland kann Lach­gas weiter­hin legal erworben werden, eine Alters­beschränkung gibt es momentan eben­falls nicht.

Experten­gremien fordern ein zügiges Handeln der Politik und groß angelegte Informations­kampagnen, um vor den Risiken der oft unter­schätzten Substanz zu warnen.2
 


1 Zweites Deutsches Fernsehen: Lachgas ab 2023 in Niederlanden verboten. Online verfügbar unter: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/niederlande-verbot-lachgas-100.html
2 Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Neurologische Komplikationen nach Lachgaskonsum. Online verfügbar unter: https://dgn.org/artikel/neurologische-komplikationen-nach-lachgaskonsum

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