Thrombose und Covid-19

Covid-19 kann mit einer übermäßigen Blutgerinnungsaktivierung einhergehen, wie Fallserien und Kohortenstudien zeigen. Das ist prognostisch relevant, vor allem im Hinblick auf die Krankenhaussterblichkeit und die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung. Die Fachgesellschaften empfehlen deshalb, die Indikation zur medikamentösen Prophylaxe einer venösen Thromboembolie (VTE) mit niedermolekularem Heparin bei Covid-19-Patienten großzügig zu stellen. Im Folgenden ein Überblick:

Dass Thromboembolien bei Covid-19 ein Problem sind, zeigt beispielsweise eine niederländische Auswertung: Bei 184 kritisch kranken Covid-19-Patienten lag die kumulative Inzidenz der thromboembolischen Komplikationen bei 31 % – und dass, obwohl sie standardmäßig eine Prophylaxe mit NMH erhalten hatten. Der mediane Beobachtungszeitraum lag bei 7 Tagen.1

Was empfehlen Fachgesellschaften?

Das Thromboserisiko wurde schon früh, zu Beginn der Covid-19-Pandemie, erkannt – mittlerweile existieren Stellungnahmen verschiedener Fachgesellschaften und Leitlinien. Die Leitlinie „onkopedia – Coronavirus-Infektion (COVID-19) bei Patienten mit Blut- und Krebserkrankungen“ vom 17.09.2020 fasst die aktuellen Empfehlungen der Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung sowie der internationalen Fachgesellschaften wie folgt zusammen:

  • Bei allen Patienten mit gesicherter SARS-CoV-2 Infektion sollte die Indikation zur medikamentösen VTE-Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin (NMH) großzügig gestellt werden.
  • Die Dosierung sollte in einem für den Hochrisikobereich zugelassenen Bereich erfolgen. Bei Kontraindikationen für eine Antikoagulation sollten physikalische Maßnahmen (z. B. Kompressionsstrümpfe) zur Anwendung kommen.
  • Bei Patienten mit signifikant erhöhten D-Dimeren (≥ 1,5–2,0 mg/l) ist eine medikamentöse Thromboseprophylaxe indiziert.
  • Alle hospitalisierten Patienten sollten beim Fehlen von Kontraindikationen eine medikamentöse VTE-Prophylaxe erhalten.
  • Bei Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren (z.B. BMI > 30 kg/m², Z. n. VTE, aktive Krebserkrankung), bei intensivmedizinisch behandelten Patienten und/oder bei einem raschen Anstieg der D-Dimere sollte unter Berücksichtigung von Nierenfunktion und Blutungsrisiko eine intensivierte Thromboseprophylaxe erwogen werden (z. B. NMH in halbtherapeutischer Dosierung 1 x täglich oder NMH in prophylaktischer Dosierung 2 x täglich).
  • Eine therapeutisch dosierte Antikoagulation sollte nur bei einer gesicherten Thromboembolie oder einer ECMO-Behandlung aktuell erfolgen. [Anm. d. Red.: ECMO = extrakorporale Membran-Oxygenierung]
  • Alle hospitalisierten Patienten mit SARS-CoV-2 Infektion sollten fortlaufend hämostaseologisch überwacht werden. Sinnvolle Laborparameter sind: D-Dimere, Prothrombinzeit (Quick/INR), Thrombozytenzahl, Fibrinogen und Antithrombin.
  • Thrombozytopenie und eine verlängerte APTT oder Prothrombinzeit ohne Blutungssymptome stellen per se keine Kontraindikation zur Durchführung einer medikamentösen VTE-Prophylaxe dar.
  • Bei einer ECMO-Behandlung sollte unter Verwendung von unfraktioniertem Heparin (UFH) eine 1,5- bis 1,8-fache aPTT-Verlängerung angestrebt werden.
  • Bei fortbestehender Immobilität, hoher entzündlicher Aktivität und/oder zusätzlichen Risikofaktoren ist nach Entlassung aus der stationären Behandlung eine prolongierte ambulante NMH-Prophylaxe sinnvoll.

Zu den niedermolekularen Heparinen gehören zum Beispiel Dalteparin (Fragmin), Enoxaparin (Clexane), Nadroparin (Fraxiparine) und Tinzaparin (innohep).

Bildquelle: bukhta79 – stock.adobe.com