Nikotinpflaster als vielversprechende Therapie gegen Long COVID
Trotz des offiziellen Endes der SARS-CoV-2-Pandemie im Jahr 2023 sind von den gesundheitlichen Folgen noch etwa 400 Millionen Menschen weltweit betroffen. Aufgrund der Symptomkomplexität des Syndroms, das auch als Long COVID (LC) bezeichnet wird, war es bisher nicht möglich, die genauen Ursachen und die Entwicklung des Syndroms zu identifizieren. Allerdings verdichten sich Hinweise auf eine Beeinträchtigung des cholinergen Transmittersystems, der möglicherweise mit Nikotinpflastern entgegengewirkt werden kann.
LC geht mit neurologischen Symptomen wie „Brain Fog“ (der Unfähigkeit, klar zu denken) einher und weist eine hohe Übereinstimmung mit den Symptomen der Myalgischen Enzephalomyelitis (ME) auf, die ebenfalls eine postinfektiöse Genese hat.1 Vor vier Jahren konnte im Glykoprotein von SARS-CoV-2 eine Aminosäure ähnlich der cholinergen Toxine, die wiederum nikotinische Acetylcholinrezeptoren (nAChR) blockieren, nachgewiesen werden.2 Die nAChR ermöglichen eine schnelle Zellantwort und sind beispielsweise im Gehirn an der Freisetzung diverser Neurotransmitter wie z. B. Dopamin und Serotonin beteiligt.3 Die nAChR-antigonistische Wirkung von SARS-CoV-2 konnte in einer Zellstudie aus dem Jahr 2023 nachgewiesen werden, die eine Verringerung der Zellerregbarkeit im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 feststellte und somit eine Störung der metabolischen und funktionellen Zellregulation vermuten lässt.4
Ebenfalls unterstützt wird die nAChR-These durch eine neue Studie, in der die Behandlung von 231 ME- und LC-Betroffenen mit Nikotinpflastern, die niedrig dosiertes transkutanes Nikotin enthalten, das aufgrund seiner hohen nAChR-Affinität Viruspartikel verdrängen kann, nachweislich zu starken Verbesserungen der Symptomatik bei 73,5 % der Patientinnen und Patienten führte.5 Sollten sich diese Ergebnisse in weiteren randomisierten Studien bestätigen, könnten Nikotinpflaster eine kostengünstige Therapie für ME- und LC-Betroffene darstellen.
1 Pricoco et al. (2024). One-year follow-up of young people with ME/CFS following infectious mononucleosis by Epstein-Barr virus. https://doi.org/10.3389/fped.2023.1266738
2 Changeux et al. (2020). A nicotinic hypothesis for Covid-19 with preventive and therapeutic implications. https://comptes-rendus.academie-sciences.fr/biologies/item/CRBIOL_2020__343_1_33_0/
3 Taly et al. (2009). Nicotinic receptors: allosteric transitions and therapeutic targets in the nervous system. https://www.nature.com/articles/nrd2927
4 Carlson et al. (2023). The SARS-CoV-2 Virus and the Cholinergic System: Spike Protein Interaction with Human Nicotinic Acetylcholine Receptors and the Nicotinic Agonist Varenicline. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36982671/
5 Leitzke et al. (2025). Long COVID – a critical disruption of cholinergic neurotransmission? https://bioelecmed.biomedcentral.com/articles/10.1186/s42234-025-00167-8
