Möglicher Akutnutzen von Ketamin bei pädiatrischem Schädel-Hirn-Trauma
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Das Anästhetikum (Es-)Ketamin wurde bislang bei Patienten mit erhöhtem intrakraniellem Druck vermieden, da die Gefahr einer zusätzlichen Druckerhöhung besteht. Neue Studienergebnisse haben nun das Gegenteil bewiesen: Bei Kindern mit Schädel-Hirn-Trauma könnte sich die Gabe von Ketamin günstig auf den Hirndruck auswirken.
Der NMDA-Rezeptor-Antagonist Ketamin wurde 1970 von der Food and Drug Administration (FDA) in den USA als Anästhetikum zugelassen. Durch seinen einzigartigen Wirkmechanismus erhielt Ketamin schnell den Einzug in die Notfallmedizin. Neben seiner anästhetischen Wirkung zeichnet sich Ketamin vor allem durch eine hohe analgetische Potenz und kreislaufstabilisierende Wirkung aus. Verwendet wird heutzutage hauptsächlich das wirksamere S-Enantiomer Esketamin. Einschränkungen für das Anästhetikum bestehen vor allem bei Patienten mit erhöhtem kranialem Druck, da frühe Studien zeigten, dass (Es-)Ketamin den Hirndruck erhöhen könnte.
Eine retrospektive Studie an einer kleinen pädiatrischen Patientengruppe konnte nun positive Effekte von Ketamin auf den Hirndruck feststellen. Dafür analysierten die Forschenden um Dr. Michael Wolf vom Monroe Carell Jr. Children’s Hospital der Vanderbilt University die Daten von 33 pädiatrischen Patienten (Alter zwischen 1 Monat und 16 Jahren), die nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma intensivmedizinisch behandelt wurden. Bei 11 Patienten wurden während ICP-Krisen (intrakranielle Druckerhöhung) 18 Dosen Ketamin mit dem Ergebnis verabreicht, dass sich der Hirndruck verringerte.1
Da eine Erhöhung des intrakraniellen Drucks nach einem Schädel-Hirn-Trauma das Risiko langfristiger Hirnschäden deutlich erhöht, liegt der Behandlungsschwerpunkt nach der Akutbehandlung vor allem auf der Reduktion des Hirndrucks. Die Studie zeigt, dass es sinnvoll wäre, die Auswirkungen von Ketamin auf den intrakraniellen Druck in einem größeren Patientenkollektiv zu untersuchen. Bei gleichen Ergebnissen könnte Ketamin die Behandlungsoptionen und Prognosen bei intrakraniellem Druck bei Kindern mit Schädel-Hirn-Trauma dementsprechend verbessern.
1 Laws, Jennifer; Vance, E. Haley et al.: Acute Effects of Ketamine on Intracranial Pressure in Children With Severe Traumatic Brain Injury. Doi: 10.1097/CCM.0000000000005806