Beta­blocker nach Herz­infarkt noch zeit­gemäß?

Die Rolle von Beta­blockern in der Lang­zeit­therapie nach einem akuten Myokard­infarkt (AMI) wird der­zeit kritisch hinter­fragt. Während frühere Studien aus den 1980er Jahren den Nutzen von Beta­blockern unter­mauert hatten, hat sich das Behand­lungs­um­feld des Herz­infarkts seit­dem erheb­lich verändert. Die REDUCE-AMI-Studie unter­sucht nun, ob Beta­blocker auch unter modernen Bedingungen die Gesamt­mortalität und Reinfarkt­rate signi­fikant redu­zieren können.

Beta­blocker galten lange als fester Bestand­teil der Therapie nach einem akuten Myokard­infarkt. Die meisten Studien zu ihrem Nutzen stammen jedoch aus den 1980er Jahren, einer Zeit ohne die heutigen Möglich­keiten zur Diagnostik und Behandlung. Damals waren weder Bio­marker-basierte Diagnosen noch Reper­fusions­therapien wie die perkutane Koronar­inter­vention (PCI) ver­füg­bar, was die Relevanz früherer Ergebnisse in Frage stellt. Ange­sichts der Weiter­ent­wicklung dieser Inter­ventionen bedarf es einer erneuten Unter­suchung des Nutzens einer Lang­zeit­therapie mit Beta­blockern für Patientinnen und Patienten mit Myokard­infarkt.

Die REDUCE-AMI-Studie setzt genau hier an und unter­sucht den Effekt einer Lang­zeit­behand­lung mit Beta­blockern auf die Gesamt­mortalität und die Reinfarkt­rate. In einer groß ange­legten, randomi­sierten Parallel­gruppen­studie wurden von 2017 bis 2023 insgesamt 5.020 Personen mit akutem Myokard­infarkt einge­schlossen. Alle Teil­nehmerinnen und Teil­nehmer unter­zogen sich einer Koronar­angio­graphie und hatten eine links­ventrikuläre Ejektions­fraktion von mindestens 50 %. Die Patientinnen und Patienten wurden zufäl­lig entweder in eine Gruppe für die Lang­zeit­be­handlung mit den Beta­blockern Bisoprolol oder Metoprolol oder in eine Gruppe ohne Beta­blocker­behandlung einge­teilt. Der mediane Follow-up-Zeit­raum betrug 3,5 Jahre.

Primärer Endpunkt der Studie war der Tod oder das Auf­treten eines Rein­farktes. In der Gruppe, die Beta­blocker erhielt, trat der primäre End­punkt in 7,9 % der Fälle auf, im Vergleich zu 8,3 % in der Gruppe ohne Beta­blocker. Die Differenz zwischen den Gruppen war statistisch nicht signifikant. Auch bei den sekundären End­punkten wie der Hospitali­sierung auf­grund von Vorhof­flimmern oder Herz­insuffizienz sowie bei den Sicher­heits­end­punkten zeigten sich keine signi­fi­kanten Vor­teile zu­gunsten der Beta­blocker-Therapie.

Die Ergebnisse der REDUCE-AMI-Studie werfen Fragen hin­sicht­lich des lang­fristigen Nutzens von Beta­blockern nach einem Herz­infarkt bei erhaltener Ejektions­fraktion auf. Derzeit laufen drei weitere Studien, die eben­falls die Lang­zeit­wirkung von Beta­blockern bei Patientinnen und Patienten mit Myokard­infarkt und erhaltener Ejektions­fraktion (≥ 40 %) unter­suchen. Sollten diese Studien ebenfalls keine signifi­kanten Vorteile auf­zeigen, könnte dies eine Anpas­sung der be­stehenden Leit­linien erforder­lich machen und die Beta­blocker­therapie in diesem Patienten­kollektiv infrage stellen.1
 


1 Yndigegn T et al. Beta-blockers after Myocardial Infarction and Preserved Ejection Fraction. DOI: 10.1056/NEJMoa2401479

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