Affenpocken: Tecovirimat als zugelassene Therapie
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Seit Anfang Mai werden weltweit immer mehr Fälle von Affenpocken dokumentiert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht nach derzeitigem Stand (Mai 2022) bereits von 92 bestätigten und 28 Verdachtsfällen in den WHO-Mitgliedstaaten aus. Auch in Deutschland wurden bisher 3 Fälle bestätigt. Die Erkrankung verläuft größtenteils mild, kann allerdings auch schwere Symptome bis hin zum Tod nach sich ziehen. Seit Anfang des Jahres gibt es das bisher einzige zugelassene Medikament, Tecovirimat, gegen Pocken, Affen- und Kuhpocken. Aber auch eine Immunisierung bietet nach derzeitigem Wissensstand einen guten Schutz.1
Bei Affenpocken handelt es sich um einen Erreger der Gattung Orthopoxvirus, der vor allem in West- und Zentralafrika, in der Regel bei Nagetieren, verbreitet ist. Beim Menschen wurden sie erstmals im Jahre 1970 in der Demokratischen Republik Kongo nachgewiesen. 2003 kam es zum ersten Nachweis von Affenpocken außerhalb des afrikanischen Kontinents. Seit 2017 wurden bereits 500 Fälle bestätigt, mit einer Letalität von ca. 3 % in Zentral- und Westafrika. Anders als es der Name vermuten lässt, sind Affen, wie auch der Mensch, nur ein Fehlwirt. Es wird davon ausgegangen, dass vor allem Nagetiere als Wirte von Bedeutung sind. Dennoch können sich Menschen durch Kontakt zu infizierten Tieren (Bisse, Se- und Exkrete, enger Kontakt, Kontakt zu Material, das mit Viren kontaminiert ist) anstecken. Die Übertragung von Mensch zu Mensch gilt als unwahrscheinlich, kann allerdings bei engem Kontakt über Körperflüssigkeiten oder Läsionen während sexueller Aktivität stattfinden. Die bisher längste dokumentierte Infektionskette beträgt 9 Personen.2
Im Gegensatz zu den 1980 ausgerotteten Menschenpocken löst eine Infektion mit Affenpocken meist milde Symptome aus. Neben Fieber und Kopfschmerzen entwickeln sich meist Hauteffloreszenzen, welche simultan die Stadien vom Fleck bis zur Pustel (Macula, Papula, Vesicula und Pustula) durchlaufen und letztlich verkrusten und abfallen. Diese befinden sich meist im Gesicht sowie auf den Handflächen und Fußsohlen. Die Haut- und Schleimhautveränderungen können auch auf dem Mund, den Genitalien und den Augen gefunden werden. Insbesondere bei einigen aktuell gemeldeten Fällen wurde auch ein Beginn der Effloreszenzen im Urogenital- und Anal-Bereich berichtet. Die teilweise auftretenden Blasen und Pusteln verleihen dem Pockenvirus seinen Namen. In der Regel halten die Symptome zwei bis vier Wochen an und verschwinden auch ohne Behandlung von selbst wieder. Zu den Komplikationen zählen Hirnentzündungen, bakterielle Hautinfektionen, Bindehaut-, Hornhaut- und Lungenentzündungen. Die Inkubationszeit beträgt ein bis drei Wochen.
Das kürzlich in der EU zugelassene Medikament Tecovirimat von SIGA kann zur Behandlung von Pocken sowie Kuh- und Affenpocken bei Erwachsenen und Kindern ab einem Körpergewicht von 13 kg verordnet werden. Das Präparat wird in Hartkapseln zu 200 mg verabreicht. Die empfohlene Dosierung beträgt ab 13 bis unter 25 kg Körpergewicht 200 mg, zwischen 25 und unter 40 kg 400 mg und ab 40 kg Körpergewicht 600 mg jeweils alle 12 Stunden. Die Behandlungsdauer beträgt 14 Tage. Einnahmetipp: Die Kapseln sollen innerhalb von 30 Minuten nach einer mäßig oder stark fetthaltigen Mahlzeit eingenommen werden.
Das Medikament hemmt die Aktivität des Hüllproteins VP37, das in Orthopoxviren in einem hoch konservierten Gen kodiert wird. Tecovirimat blockiert die Interaktion zwischen VP37 mit der zellulären Rab9-GTPase und TIP47, was die Bildung von austrittskompetenten umhüllte Virionen („Budding“: Prozess, durch den behüllte Viren aus der Wirtszelle geschleust werden) verhindert. Der Befall neuer Wirtszellen wird so unterbunden.
Wer bereits eine Impfung gegen Pocken erhalten hat, kann nach derzeitigem Erkenntnisstand aufatmen. Die Immunisierung schützt ebenfalls gut gegen Affenpocken.
1 World Health Organization: Monkeypox. Online verfügbar unter: https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/monkeypox
2 Robert Koch-Institut: Allgemeine Informationen des RKI zu Affenpocken, u. a. zu Übertragung, Diagnostik und Situation in Deutschland. Online verfügbar unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/A/Affenpocken/Affenpocken-Ueberblick.html