Risiko für sekundäre Krebs­erkrankungen unter CAR-T-Zell-Therapie identifiziert

Die individuali­sierte Immun­therapie mit CAR-T-Zellen stellt einen wichtigen Fort­schritt in der Krebs­therapie für Patientinnen und Patienten dar. Jedoch ist diese elegante Behandlungs­methode mit zahl­reichen zum Teil schwer­wiegenden Neben­wirkungen wie einem Cytokine Release Syndrome (CRS) verbunden. Das Pharma­covigilance Risk Assess­ment Committee (PRAC) der Europäischen Arznei­mittel-Agentur (EMA) mahnt nun, dass CAR-T-Zell-Behandelte aufgrund des Risikos von Sekundär­tumoren lebens­lang über­wacht werden sollten.

Innerhalb der CAR-T-Zell-Therapie werden der erkrankten Person T-Lymphozyten ent­nommen, in vitro gen­technisch verändert und danach wieder infundiert. Dabei werden die T-Zellen so verändert, dass anti­gen­spezifische Ober­flächen­proteine, soge­nannte chimäre Anti­gen­rezeptoren (CAR), von der T-Zelle exprimiert werden. Diese Rezeptoren erkennen spezifische Ober­flächen­proteine auf dem Tumor der Patientinnen und Patienten und können nach­folgend die Tumor­zellen zerstören. Das Besondere ist, dass eine Anti­gen­präsentation über MHC-I nicht nötig ist, um die T-Zell-Aktivierung zu initiieren – das ist wichtig, da viele Tumore dafür sorgen, dass die MHC-I-Expression drastisch reduziert wird (Immunevasion).

Problematisch ist eine Reihe von Neben­wirkungen, die zum Teil schwer­wiegend aus­fallen können. So hat die Therapie mit CAR-T-Zellen ein kanzero­genes Potenzial – werden die CAR-Gene in einen falschen Gen­ab­schnitt inseriert, kann dies zu einer Aktivierung von Onkogenen führen. Es kommt zu soge­nannten CAR-T-Zell-Leukämien oder CAR-T-Zell-Lymphomen.

Das Experten­gremium PRAC der EMA hat nun den Zusammen­hang genauer unter­sucht. Dabei wurden Daten von 42.500 mit CAR-T-Zellen behandelten Patientinnen und Patienten ausge­wertet. Fest­ge­stellt wurden 38 Fälle sekundärer maligner Krebs­erkrankungen mit T-Zell-Ursprung. Bei der Hälfte der Fälle wurden Gewebe­proben unter­sucht, die in sieben Fällen positiv für CAR-Konstrukte waren – das lässt darauf schließen, dass die CAR-T-Zellen an der Krank­heits­entstehung beteiligt sind. Die sekundären Krebs­erkrankungen traten inner­halb Wochen oder Jahren nach der Behandlung auf.

Diese neuen Informationen legen nahe, Betroffene lebens­lang auf T-Zell-Ent­artungen zu über­wachen. Eine direkte Kommunikation an Gesund­heits­berufe mit den Empfehlungen wird noch erfolgen, zudem werden, nach Bestätigung durch den CHMP, die Informationen in nationalen Registern und bei Her­stellern verfüg­bar sein.

In der EU stehen momentan sechs CAR-T-Zell-Produkte zur Behandlung von bestimmten Blut­krebs­arten zur Verfügung, wenn es sich um ein Rezidiv handelt oder der Krebs nicht mehr auf die vorherige Behandlung anspricht.1
 


1 European Medicines Agency: Meeting highlights from the Pharma­covigilance Risk Assessment Committee (PRAC) 10–13 June 2024.
Online verfügbar unter: https://www.ema.europa.eu/en/news/meeting-highlights-pharmacovigilance-risk-assessment-committee-prac-10-13-june-2024

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