Wann können Mittel zur Kinderwunschbehandlung auf Kassenrezept abgegeben werden?

Uns liegt für einen männlichen Patienten ein Rezept über

„6 OP Brevactid 1500 I.E. PLI 3 St. N2 6090843“ und
„3 OP Gonal F 900 IE 66 ug FER 1 St N1 7652639“ vor.

Als Indikation ist in der ABDA-Datenbank „Behandlung von Fertilitätsstörungen“ (Kinderwunschbehandlung?) angegeben. Dürfen diese Mittel zu 100 Prozent zulasten der Krankenkasse (BARMER) abgegeben werden?

Bei Gonal F handelt es sich um ein gentechnisch hergestelltes Präparat, woraus sich für uns eine weitere Frage ergibt: Verordnet ist das Original, Rabattvertragspartner bei der BARMER sind allerdings nur Reimporte.
Ist hier ein Austausch zulässig?

Antwort

Werden Medikamente für die künstliche Befruchtung verordnet, muss der Arzt auf dem Rezept einen entsprechenden Vermerk, etwa »nach § 27 a SGB V«, anbringen. In diesem Fall beträgt der Eigenanteil des Versicherten 50 Prozent, eine weitere Zuzahlung fällt nicht an. Das Rezept darf entsprechend nur mit der Hälfte des Abgabepreises taxiert werden.

Wird allerdings nur eine hormonelle Stimulation (ohne anschließende künstliche Befruchtung) im Rahmen einer anderen Indikation oder Off-Label-Anwendung durchgeführt, übernimmt die Krankenkasse die Arzneimittelkosten, für den Patienten fällt lediglich die übliche Zuzahlung an. Nach den meisten Lieferverträgen hat die Apotheke keine Prüfpflicht, wenn der Hinweis auf § 27 a fehlt. Die Verordnung wird dann wie ein normales Kassenrezept abgerechnet. Der Patient zahlt nur die gesetzliche Zuzahlung.

Eine Ausnahme machen allerdings die Hamburger Primärkassen, die die folgende Prüfpflicht in ihren Vertrag mit aufgenommen haben:

Auszug aus dem Arzneiliefervertrag

„Hat der Vertragsarzt einen Hinweis auf § 27 a SGB V auf dem Rezeptblatt angebracht, ist eine Kostenbeteiligung von 50 % des für den Versicherten maßgeblichen Abgabepreises für alle auf dem Rezept aufgeführten Medikamente zu erheben.[…] Andernfalls ist Rücksprache mit der Vertragsarztpraxis zu halten. Steht die Behandlung nicht in Zusammenhang mit § 27 a, ist dieses mit dem Vermerk „nach Rücksprache vom ... kein Zusammenhang mit § 27 a SGB V“ zu dokumentieren. Andernfalls wird wie oben beschrieben verfahren.“

Auch bei Gonal F muss einer der rabattierten Importe abgegeben werden, da Importe und bezugnehmendes Original als identisch gelten – auch bei gentechnisch hergestellten Arzneimitteln.

Anmerkung

Die Beant­wortung der Fragen erfolgt im Rahmen kollegialer Hilfe.
Trotz größter Sorg­falt können wir auf­grund der teils kompli­zierten Sach­ver­halte keine Haftung über­nehmen.

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