Tretinoin für eine 50-Jährige
Uns liegen zwei Verordnungen über Toctino 30 mg mit einem Abstand von 6 Tagen im Ausstellungsdatum vor. Die Patientin ist älter als 50 Jahre und in einer Ersatzkasse versichert. Das erste Rezept ist ein Entlassrezept und das zweite vom MVZ der gleichen Hautklinik ausgestellt. Dürfen wir auch das zweite Rezept schon beliefern? Gibt es hier Probleme mit den Höchstmengen?
Antwort
Die gesetzliche Grundlage für die umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen, die für die Verordnung von Acitretin, Alitretinoin sowie Isotretinoin gelten, sind in § 3b der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) verankert.
3b AMVV
(1) Die Höchstmenge der Verschreibungen von oral anzuwendenden Arzneimitteln, die die Wirkstoffe Acitretin, Alitretinoin oder Isotretinoin enthalten, darf für Frauen im gebärfähigen Alter je Verschreibung den Bedarf für 30 Tage nicht übersteigen.
(2) Verschreibungen von Arzneimitteln nach Absatz 1 sind für Frauen im gebärfähigen Alter bis zu sechs Tagen nach dem Tag ihrer Ausstellung gültig.
Daraus geht hervor, dass Frauen im gebärfähigen Alter von diesen Wirkstoffen höchstens eine Menge verordnet werden darf, die für 30 Tage ausreicht. Zudem muss die Patientin das Rezept innerhalb von 6 Tagen nach dem Ausstellungsdatum, also insgesamt 7 Tagen, in der Apotheke einlösen.
Wie beschrieben gelten die Vorgaben aber nur für Frauen im gebärfähigen Alter. Für Frauen, die nicht gebärfähig sind, und für Männer gelten die Verschreibungshöchstmengen sowie die verkürzte Rezeptgültigkeit nicht. Leider ist nirgends definiert, wann eine Frau als gebärfähig gilt und wann nicht (mehr). Rein vom Alter auf eine Gebärunfähigkeit zu schließen, bietet einen gewissen Angriffsspielraum – nicht nur für Retaxierungen, sondern auch strafrechtlich, wenn die versorgte Person doch noch gebärfähig sein sollte. Apotheken haben hinsichtlich der Einhaltung der Höchstmengen und somit der Gebärfähigkeit eine Prüfpflicht! Im Zweifel ist eine Arztrücksprache notwendig, um zu klären, ob eine Frau gebärfähig ist oder nicht. Diese Rücksprache sollten Sie auf dem Rezept dokumentieren.
Beachten Sie dabei, dass die Höchstmengen pro Verschreibung einzuhalten sind. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, eine zweite Verordnung innerhalb eines kurzen Zeitraums zu erhalten. Aufgrund des kurzen Abstands zwischen diesen beiden Rezepten würden wir aber auch hier eine Rücksprache mit den verordnenden Personen empfehlen, um eine versehentliche Doppelverordnung auszuschließen.
Zu guter Letzt handelt es sich bei Toctino um ein Arzneimittel, dessen Stückzahl über N1 liegt. Daher ist eine Verordnung im Entlassmanagement nur bei Ersatzkassen – so wie in diesem Fall – uneingeschränkt möglich. Bei der Verordnung zulasten einer Primärkasse müssen eventuelle regionale Sonderregelungen geprüft werden.
Anmerkung
Die Beantwortung der Fragen erfolgt im Rahmen kollegialer Hilfe.
Trotz größter Sorgfalt können wir aufgrund der teils komplizierten Sachverhalte keine Haftung übernehmen.
Neuen Kommentar schreiben
Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.
Benutzeranmeldung
Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden
DAP Newsletter
Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung