Wie ist mit Mehrkosten umzugehen, wenn es keine Rabattverträge, aber auch keine günstigen Alternativen gibt?
Hinweis
Es handelt sich bei dem Inhalt dieser Seite um eine frühere Veröffentlichung. Bitte beachten Sie, dass die Aussagen gegebenenfalls nicht mehr der aktuellen Rechts- und Vertragslage entsprechen.
Bei Fragen hilft Ihnen das DAP-Team auch gerne persönlich weiter – schreiben Sie einfach eine E-Mail an insonderfo@anderesdeutschesapothekenportal.de.
Wir haben eine Rückfrage zur Abgabe von Zostex. Für den Wirkstoff gibt es ja seit einiger Zeit einen Festbetrag. Im Moment ist nur das Originalpräparat lieferbar, kein Generikum. Wenn das Medikament jetzt verordnet wird, kann nur Zostex abgegeben werden, mit einer sehr hohen Aufzahlung. Bei einem aktuell vorliegenden Rezept gibt es keinen Rabattvertrag, wenn man jedoch die Nichtverfügbarkeit 2 wählt, so kann man das Präparat zu der „normalen“ Zuzahlung von 8,88 € abgeben.
Ist dieses Vorgehen zulässig? Der Patient kann ja nicht dafür bestraft werden, dass die Generika nicht lieferbar sind.
Antwort
Ist ein Rabattartikel nicht lieferbar, dann werden die Mehrkosten, die durch die Abgabe eines höherpreisigen Aut-idem-Artikels anfallen, von der Krankenkasse erstattet – so ist es im Rahmenvertrag vereinbart. Dies ist vermutlich der Fall der „Nichtverfügbarkeit 2“, den Sie schildern, es wird dem Kunden nur die normale Zuzahlung berechnet.
11 Abs. 2 und 3 Rahmenvertrag
„(2) Sind alle rabattierten Fertigarzneimittel, welche nach Absatz 1 auszuwählen wären, bei Vorlage der ärztlichen Verordnung nicht verfügbar, ist die Apotheke zur Abgabe eines gemäß § 2 Absatz 10 lieferfähigen wirkstoffgleichen Fertigarzneimittels nach Maßgabe des § 129 Absatz 1 Satz 2 SGB V berechtigt […]
(3) Ist bei einer Abgabe nach Absatz 2 kein Fertigarzneimittel zum Festbetrag verfügbar, trägt die Krankenkasse abweichend von § 31 Absatz 2 Satz 1 SGB V die Mehrkosten. Bezugsgröße für die Bemessung der Zuzahlung nach § 61 Satz 1 SGB V ist der Abgabepreis des Fertigarzneimittels.“
Handelt es sich jedoch nicht um einen nichtlieferbaren Rabattartikel, sind Mehrkosten grundsätzlich vom Versicherten zu tragen (§ 31 Abs. 2 SGB V).
Seit Frühjahr gibt es diesbezüglich jedoch ein Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung (Rundschreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung, „Mehrkosten bei Abgabe eines Arzneimittels“; 19. Januar 2022, AZ: 211-5411.3-1982/2020), das genau den von Ihnen beschriebenen Sachverhalt anprangert und fordert, dass die aktuelle Regelung angepasst werden sollte.
Hier ein Auszug:
Auszug aus dem Schreiben des Bundesamts für Soziale Sicherung
„Seit dem 1. April 2020 gilt mit Einfügung des Absatzes 4c in § 129 SGB V (aufgrund des Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz, GKV-FKG) eine Neuregelung zur Abgabe von Arzneimitteln für die Versorgung bei Lieferengpässen von Rabattarzneimitteln. Geregelt wird hierfür explizit auch die Nichtgeltung von Festbeträgen, wenn die Versorgung nur mit einem Arzneimittel oberhalb des Festbetrages möglich ist. Hierfür gilt ausdrücklich das Sachleistungsprinzip.
Eine gleichartige Situation kann sich jedoch auch ergeben, wenn notwendige festbetragsgeregelte Arzneimittel, für die keine Rabattvereinbarung besteht, nicht verfügbar sind. Nach uns vorliegenden Hinweisen aus der Praxis berufen sich dann die Krankenkassen zum Teil auf das Wirtschaftlichkeitsgebot und sehen ihre Leistungspflicht gegenüber dem Versicherten mit dem Festbetrag als erfüllt an (vgl. § 12 Abs. 2 SGB V, § 31 Abs. 2 Satz 1 SGB V).
Allerdings sehen wir an dieser Stelle eine Verletzung des Sachleistungsanspruchs des Versicherten nach § 2 SGB V. Die Abgabe des Arzneimittels über dem Festbetrag erfolgt hier nicht etwa auf Wunsch des Versicherten, sondern nur wegen der Lieferschwierigkeiten. Diese liegen nicht im Verantwortungsbereich des Versicherten.“
Bevor es aber zu einer Anpassung des Rahmenvertrags kommt, können Apotheken die Mehrkosten nicht einfach zulasten der GKV abrechnen. Aber Sie sollten dem Kunden mit Verweis auf das Schreiben empfehlen, die Quittung zur Erstattung im Nachgang bei seiner Krankenkasse einzureichen – vielleicht hat er damit Erfolg.
Anmerkung
Die Beantwortung der Fragen erfolgt im Rahmen kollegialer Hilfe.
Trotz größter Sorgfalt können wir aufgrund der teils komplizierten Sachverhalte keine Haftung übernehmen.
Neuen Kommentar schreiben
Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.
Benutzeranmeldung
Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden
DAP Newsletter
Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung