Kann der Arzt „off label“ auf GKV-Rezept verordnen?

Wir haben einen schwerst­kranken Patienten, der GKV-versichert ist. Nun bekommt er „Scopoderm TTS 1,54 mg Pflaster 10 Stück“ verordnet auf Privat­rezept, er muss also alles selber zahlen. Der Patient erhält das Mittel gegen Übelkeit durch seine andere Medikation (er kann so gut wie keine Tabletten mehr schlucken).

Könnte der Arzt das Arznei­mittel in solch einem schweren Fall nicht doch zulasten der GKV verordnen? Das wäre für den Patienten günstiger.

Antwort

Scopoderm TTS Pflaster sind zugelassen zur Vorbeugung gegen Symptome der Reise- bzw. See­krank­heit wie Schwindel, Übelkeit und Erbrechen.

Ärzte dürfen Arznei­mittel nur in ihrem zugelassenen Indikations­bereich zulasten der gesetzlichen Kranken­versicherung (GKV) verordnen. Eine Verordnung außerhalb dieser Zulassung bedeutet „Off-Label-Use“.

Der Off-Label-Use ist nur dann eine Leistung der GKV, wenn

  1. das Medikament in Teil A der Arzneimittel-Richtlinie Anlage VI aufgeführt ist und im dort festgelegten Rahmen (Patienten­gruppe, Indikation, Dosierung, Behandlungs­dauer) verordnet wird.
  2. es im Rahmen einer vom G-BA nicht widersprochenen klinischen Studie nach § 35c Abs. 2 SGB V eingesetzt wird.
  3. damit eine schwer­wiegende lebens­bedrohliche oder die Lebens­qualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung behandelt wird, für die keine andere Therapie verfügbar ist und bei der aufgrund der Daten­lage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungs­erfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. (Bundes­sozial­gericht, Urteil vom 19. März 2002, AZ.: B 1 KR 37/00 R).

Die Off-Label-Verordnung zulasten der GKV kann für den Arzt zu einer Wirtschaft­lichkeits­prüfung auf Antrag der Kranken­kasse und somit zum Regress führen.

Die KV Nordrhein empfiehlt beispielsweise, bei Verordnungen außerhalb der Zulassung zunächst bei der Krankenkasse eine Auskunft einzuholen oder im Zweifelsfall ein Privatrezept auszustellen. Je nach Kranken­kasse erhält der Patient oder die Praxis eine Rück­meldung von der Kasse.

Letztlich ist dies also eine Entscheidung des Arztes, ob bzw. wie er „off label“ verordnet bzw. der Kranken­kasse, ob die Kosten übernommen werden.

Anmerkung

Die Beant­wortung der Fragen erfolgt im Rahmen kollegialer Hilfe.
Trotz größter Sorg­falt können wir auf­grund der teils kompli­zierten Sach­ver­halte keine Haftung über­nehmen.

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