Gibt es im Off-Label-Use einen Unterschied zwischen konservierten und nicht konservierten Augentropfen?

Wir haben verschiedene Patienten, die Atropinsulfat Augentropfen 0,01% in Einzeldosen (Rezeptur) zur Behandlung von Kurzsichtigkeit bei Kindern erhalten. Da es sich hierbei um einen Off-Label-Use handelt und dies nicht von der GKV erstattet wird, erfolgt die Verordnung auf Privatrezept.

Eine Patientin bzw. deren Mutter hat uns gegenüber nun erwähnt, dass sie zuvor mit konservierten ATR versorgt wurde und sie diese stets erstattet bekommen hätte.

Unsere Frage ist nun: Sind konservierte Atropinsulfat Augentropfen 0,01% im Mehrdosenbehältnis erstattungsfähig?

Antwort

Ein Off-Label-Use liegt grundsätzlich in der Verantwortung des Arztes. In Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA sind Wirkstoffe bzw. Arzneimittel gelistet, die in bestimmten Indikationen für eine Off-Label-Anwendung zulasten der GKV verordnet werden können.

Ein Fertigarzneimittel mit Atropin steht nicht in der Anlage VI zur Arzneimittelrichtlinie, daher wird es nicht im Rahmen dieses „vereinfachten“ Verfahrens von den gesetzlichen Krankenkassen im Off-Label-Use erstattet, egal ob konserviert oder nicht konserviert.

Der Arzt muss eine Entscheidung zur Off-Label-Behandlung sorgfältig begründen und dokumentieren. Er kann bei der GKV einen Antrag auf Erstattung stellen. Auf Grundlage zweier Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) sowie eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts lassen sich für die Erstattungsfähigkeit von „off label“ verordneten Arzneimitteln, die nicht in Anlage VI der Arzneimittel-Richtlinie aufgeführt werden, folgende Vorgaben ableiten:

  • Es muss sich um eine schwerwiegende Erkrankung handeln.
  • Evidenzbasierte Behandlungsalternativen fehlen.
  • Kriterien für die GKV-Leistungspflicht müssen erfüllt sein (z. B. keine Lifestyle-Arzneimittel).
  • Das Arzneimittelgesetz muss eingehalten werden.
  • Es muss eine positive Nutzen-Risiko-Analyse vorliegen.
  • Der verordnende Arzt muss ausreichend qualifiziert sein.
  • Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten muss eingehalten werden.

Da es sich bei einer Kurzsichtigkeit eher nicht um eine schwerwiegende (=lebensbedrohliche) Erkrankung handelt, kommt eine Ausnahme in Anlehnung an die beiden oben genannten Urteile vermutlich nicht in Frage.

Allerdings gibt es für Rezepturen keine zugelassenen Indikationen, sodass hier streng genommen auch kein Off-Label-Use (außerhalb des Zulassungsgebiets) möglich ist. Daher ist davon auszugehen, dass eine solche Rezeptur auch von der GKV übernommen würde.

Falls Sie eine entsprechende Verordnung auf Kassenrezept erhalten, haben Sie aber keine Prüfpflicht, da der Off-Label-Use, wie zuvor beschrieben, Sache des Arztes ist.

Anmerkung

Die Beant­wortung der Fragen erfolgt im Rahmen kollegialer Hilfe.
Trotz größter Sorg­falt können wir auf­grund der teils kompli­zierten Sach­ver­halte keine Haftung über­nehmen.

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