Darf zur Mehrkostenvermeidung eine andere Packungsgröße abgegeben werden?

Uns liegt eine Verordnung über Atorimib 10/40 100 Tabletten PZN 15387281 vor. Wir können im Moment nur Atozet 10/40 100 Tabletten PZN 10538410 besorgen, diese sind aber mit sehr hohen Mehr­kosten (201,72 €) für den Patienten verbunden.

Können wir mit einer Sonder­nummer und/oder Dokumentation dem Patienten den Nachfolger des eigentlich verordneten Mittels (Atorimib 10/40 90 Tabletten PZN 17970955) mitgeben, ohne ein neues Rezept vom Arzt anzu­fordern? Können wir auf andere Packungs­größen aus­weichen, obwohl Atozet 10/40 100 Tabletten lieferbar sind?

Antwort

Auch wenn es sich bei der 90-Stück-Packung um den gelisteten Nach­folge­artikel handelt, kann diese Packungs­größe nicht ohne eine Rezept­änderung abge­geben werden. Der verordnete Artikel und sein Nach­folge­artikel sind nicht aut-idem-fähig, da sie kein identisches Norm­kenn­zeichen tragen.

Falls zum verordneten Mittel keine günstigeren Alternativen verfügbar sind, muss Schritt für Schritt ein Alternativ­artikel gesucht werden (identische Wirk­stärke, Packungs­größe, Indikation …). Wird dabei die Preisgrenze über­schritten, reicht die Sonder-PZN für die Nicht­ver­fügbarkeit als Begründung für die Preis­anker­über­schreitung.

Wäre unter den nicht verfügbaren Alternativarzneimitteln ein Rabattarzneimittel, so würde die Krankenkasse die Mehrkosten gemäß § 11 Abs. 3 Rahmenvertrag übernehmen.

Wenn die 90er-Packung abge­geben werden soll, um dem Patienten die enormen Kosten zu ersparen, ist eine Rezept­änderung durch den Arzt notwendig.

Bestünde keine andere Abgabe­möglichkeit, könnten Sie nach den Übergangs­regelungen in § 423 SGB V auch von der Packungs­größe des verordneten Arznei­mittels abweichen:

423 SGB V

„(1) Abweichend von § 129 Absatz 1 Satz 1 bis 5 und 8 und dem Rahmen­vertrag nach § 129 Absatz 2 dürfen Apotheken, wenn das auf der Grundlage der Verordnung abzugebende Arznei­mittel in der Apotheke nicht vorrätig ist, an den Versicherten ein in der Apotheke vorrätiges wirkstoff­gleiches Arznei­mittel abgeben; ist kein wirkstoff­gleiches Arznei­mittel in der Apotheke vorrätig und ist das abzu­gebende Arznei­mittel auch nicht lieferbar, darf ein liefer­bares wirkstoff­gleiches Arznei­mittel abge­geben werden. Sofern weder das auf der Grund­lage der Verordnung abzu­gebende noch ein wirkstoff­gleiches Arznei­mittel vorrätig oder lieferbar ist, dürfen Apotheken nach Rück­sprache mit dem verordnenden Arzt ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arznei­mittel an den Versicherten abgeben; dies ist auf dem Arznei­verordnungs­blatt zu dokumentieren. Satz 2 gilt entsprechend für den Fall, dass der verordnende Arzt den Austausch des Arznei­mittels ausge­schlossen hat. Apotheken dürfen ohne Rück­sprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern dadurch die verordnete Gesamt­menge des Wirk­stoffs nicht über­schritten wird:

  1. die Packungs­größe, auch mit einer Über­schreitung der nach der Packungs­größen­ver­ordnung definierten Mess­zahl,
  2. die Packungs­anzahl,
  3. die Entnahme von Teilmengen aus Fertig­arznei­mittel­packungen, soweit die abzugebende Packungs­größe nicht lieferbar ist, und
  4. die Wirk­stärke, sofern keine pharma­zeutischen Bedenken bestehen.

(2) Abweichend von den Regelungen in dem Rahmen­vertrag nach § 129 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 4 findet in den Fällen des Absatzes 1 keine Beanstandung und Retaxation statt.

(3) Diese Regelung tritt am 1. August 2023 außer Kraft.“

Dies ist dann auf dem Rezept per Sonder-PZN zu dokumentieren. Da aber theoretisch hier mit Atozet eine andere Abgabemöglichkeit besteht, sollten Sie die Rezeptänderung auf die abweichende Packungsgröße durch den Arzt vornehmen lassen.

Anmerkung

Die Beant­wortung der Fragen erfolgt im Rahmen kollegialer Hilfe.
Trotz größter Sorg­falt können wir auf­grund der teils kompli­zierten Sach­ver­halte keine Haftung über­nehmen.

Neuen Kommentar schreiben

Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentarfunktion nutzen zu können.

DAP Newsletter

Immer aktuell informiert mit dem DAP Newsletter: zur Newsletter-Anmeldung